Zahnbehandlung

Heil- und Kostenplan beim Zahnarzt: Ohne Unterschrift kein Honoraranspruch?!

Wenn ein Zahnarzt Leistungen erbringt, die über das zahnmedizinisch notwendige Maß hinausgehen, muss vor Beginn der Behandlung ein detaillierter Heil- und Kostenplan erstellt werden. Dieser Heil- und Kostenplan ist dem Patienten rechtzeitig vor Behandlungsbeginn auszuhändigen und muss von beiden Seiten, also sowohl vom Patienten als auch vom Zahnarzt, unterschrieben werden. Andernfalls ist die Honorarvereinbarung nichtig. Der Zahnarzt hat in diesem Fall keinen Vergütungsanspruch gegen den Patienten und muss sogar die Material- und Laborkosten selber tragen. Dies hat das Landgericht Flensburg in einer unlängst veröffentlichten Entscheidung klargestellt (LG Flensburg, Urt. v. 20.01.2021, Az. 3 O 190/17).

Strenge Formvorschriften für Honorarvereinbarungen

Hintergrund des Flensburger Urteils ist die Formvorschrift des § 2 Abs. 3 GOZ. Diese hat den Zweck, den Patienten vor einer unüberlegten und übereilten Entscheidung zu schützen. Der Patient soll mit seiner Unterschrift bestätigen, dass er ausreichend über die Zusatzkosten informiert wurde und eine kostenpflichtige Behandlung explizit wünscht.

Die Gerichte tolerieren Verstöße gegen § 2 Abs. 3 GOZ daher nur in seltenen Ausnahmefällen. So entschied der Bundesgerichtshof beispielsweise im Jahr 2016, dass sich ein Patient nicht auf Formmängel einer zahnärztlichen Honorarvereinbarung berufen kann, wenn er damit gegen Treu und Glauben verstößt (§ 242 BGB). Im Fall des Bundesgerichtshofs war die Patientin vorab unstreitig über sämtliche Kosten und Behandlungsalternativen aufgeklärt worden. Sie entschied sich bewusst für die teurere Versorgung, ließ den entsprechenden Heil- und Kostenplan von ihrer Krankenkasse genehmigen und die gewünschte Behandlung durchführen. Erst nach Abschluss der Behandlung, also nachdem die Patientin alle Vorteile aus der zahnärztlichen Versorgung in Anspruch genommen hatte, berief sie sich auf einen Formmangel. Aufgrund eines geringfügigen Büroversehens war in der Zahnarztpraxis nämlich vorab nicht aufgefallen, dass die Patientin den Heil- und Kostenplan gar nicht unterschrieben hatte. Der Bundesgerichtshof wertete das Verhalten der Patientin als schwerwiegende Treuepflichtverletzung und verurteilte sie trotz § 2 Abs. 3 GOZ zur Zahlung des zahnärztlichen Honorars.

In der aktuellen Entscheidung des Landgericht Flensburg war der Fall jedoch anders gelagert: Hier wollte der Zahnarzt sogenannte „andersartige Leistungen“ beim Patienten abrechnen. Dieser lehnte die Zahlung im Nachhinein aber ab. Begründung: Der ihm ausgehändigte Heil- und Kostenplan habe nicht alle erforderlichen Informationen enthalten und sei auch nicht von beiden Seiten unterschrieben worden. Hinzu kam, dass dem Patienten einige der Unterlagen unstreitig erst nach Behandlungsbeginn ausgehändigt worden waren. Der Patient hätte sich somit die Gesamtkosten aus mehreren Dokumenten selbst zusammensuchen müssen. Das Landgericht Flensburg war deshalb der Auffassung, dass dies intransparent ist und nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Der Patient habe sich auch nicht treuwidrig verhalten. Die Honorarklage des Zahnarztes wurde daher im Ergebnis abgewiesen.

Honorarvereinbarungen: Worauf Zahnärzte und Patienten achten sollten

Immer wieder kommt es im zahnärztlichen Praxisalltag zu Fehlern, die die Nichtigkeit von Honorarvereinbarungen zur Folge haben können. Dann entfällt auch der Vergütungsanspruch des Zahnarztes. Folgende Fehler sollten daher unbedingt vermieden werden:

  • Der Patient wird vor Abschluss der Honorarvereinbarung nicht hinreichend in Textform über die Kosten informiert.
  • Die Honorarvereinbarung wird lediglich mündlich geschlossen.
  • Die Honorarvereinbarung wird gar nicht oder lediglich von einer Partei unterschrieben.
  • Die Honorarvereinbarung wird erst kurz vor der Behandlung oder in einer Ausnahmesituation unterschrieben (Schmerzpatient, Unterschrift erst auf dem Behandlungsstuhl etc.).
  • In der Honorarvereinbarung werden „Pauschalpreise“ oder „Leistungspakete“ aufgeführt.
  • Paragrafen oder Gebührenziffern der GOZ werden unvollständig oder falsch angegeben.
  • Mehrere Behandlungsfälle werden auf einem Formular kombiniert.

Fazit

Vor Beginn der Behandlung sollte sich ein Zahnarzt am besten persönlich vergewissern, ob beide Seiten den entsprechenden Heil- und Kostenplan unterschrieben haben. Besondere Aufmerksamkeit ist geboten, wenn sich vor Behandlungsbeginn noch die Regelversorgung ändert oder ein längerer Zeitraum zwischen Unterschrift und Behandlungsbeginn liegt. Sicherheitshalber sollte der Zahnarzt den Patienten dann erneut aufklären, und die Honorarvereinbarung unter dem aktuellen Datum erneut von beiden Seiten unterschrieben werden.

Sollte es dennoch zu Streitigkeiten rund um die Honorarvereinbarung kommen, steht Ihnen unsere Kanzlei gerne mit Rat und Tat zur Seite.

 

von Rechtsanwältin Dr. Yvonne Schuld, LL.M.