Veranstaltungsabsage? – Vorverkaufsgebühr zurückverlangen!

Nach Ansicht des Landgerichts München I ist der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Tickethändlers vorgesehene, pauschale Einbehalt von Vorverkaufsgebühren durch Tickethändler unzulässig.

Veranstaltungsabsagen wegen Corona-Lockdown: Ticketagenturen behalten Vorverkaufsgebühr ein

Während des ersten Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020 wurden nahezu alle Veranstaltungen im kulturellen und sportlichen Bereich abgesagt. Viele der Eintrittskarten gingen über professionelle Tickethändler in den Verkauf. Kunden, deren Veranstaltung abgesagt wurde, verlangten daraufhin von den Ticketagenturen den Preis einschließlich der Vorverkaufsgebühr zurück. Allerdings weigerten sich einige Tickethändler, auch die Vorverkaufsgebühr zu erstatten. Ihr Argument: Diese Gebühr sei bereits durch die Vermittlung der Eintrittskarte entstanden. Es sei deshalb unerheblich, ob die Veranstaltung tatsächlich stattgefunden habe oder nicht. Gegen diese Praxis zog die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. vor Gericht: Mit Erfolg.

LG München: Klausel ist unangemessene Benachteiligung

Nach Ansicht des Landgerichts München I ist die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Ticketagentur verwendete Klausel, wonach die Erstattung von Vorverkaufsgebühren bei Absage oder Verlegung einer Veranstaltung ausgeschlossen ist, unwirksam (Urt. v. 09.06.2021 – 37 O 5667/20).

Denn sie erwecke beim Kunden den Eindruck, dass dieser Ausschluss nicht nur gegenüber der Agentur, sondern auch gegenüber dem Veranstalter gelte. Hierdurch werde das wirtschaftliche Risiko für die Durchführung der Veranstaltung jedoch in unangemessener Weise vom Veranstalter auf den Kunden abgewälzt. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Agentur gemäß ihren AGB nicht nur als bloße Vermittlerin eines Veranstalters auftrete, sondern alternativ auch auf Kommissionsbasis für diesen tätig werde. Denn im letztgenannten Fall erwirbt der Kunde sein Ticket direkt von der Agentur, die hierfür wiederum eine Provision vom Veranstalter erhält. Nach § 396 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) wird diese Provision grundsätzlich auch dann fällig, wenn die Veranstaltung abgesagt oder verschoben wird. In solch einem Fall kann der Kunde seine Ticketgebühr – in der Praxis entspricht diese meist der Provision – im Zweifel vom Veranstalter zurückfordern.

Außerdem: Klausel ist intransparent!

Nach Auffassung des LG München I ist der formularmäßige Ausschluss der Vorverkaufsgebühr darüber hinaus auch unter dem Aspekt mangelnder Transparenz unwirksam, wenn diese nicht spätestens beim Kauf des Tickets offen ausgewiesen wird. Denn in solch einem Fall könne der Kunde bei Abschluss des Vertrages sein wirtschaftliches Risiko bei Ausfall der Veranstaltung nicht abschätzen. Dies gelte unabhängig davon, ob der Tickethändler als Vermittler, Kommissionär oder Veranstalter auftrete.

Unser Rat: Vorverkaufsgebühren zurückverlangen

Sofern auch Sie im vergangenen Jahr von der Absage einer Veranstaltung betroffen waren, sollten Sie unbedingt an eine Rückforderung von etwaigen Vorverkaufsgebühren denken. Gerne kümmern wir uns um Ihr Anliegen und prüfen mögliche Ansprüche.

  

von Rechtsanwalt Dr. Jan Schuld, LL.M.